Der Mann ohne Gesicht

 

Seit er mich anrempelte, sehe ich ihn nicht mehr, nur noch was er anhat,

nicht mehr sein Gesicht.

Auch seine Hände sehe ich nicht mehr, nur noch seine Kleidung. Seine Schuhe.

Aber wo sein Gesicht ist, ist Leere.

Es ist seltsam.

Ich habe es zwei Leuten erzählt. Der eine sagte, ich solle zum Psychologen.

Und ihm - ihm habe ich es erzählt.

Ich habe es einfach in diese Leere reingesagt.

Er streckte den Arm aus und wollte mich berühren, aber es ging nicht.

Er erschrak, ich sah es, weil er zusammenzuckte und ein paar Schritte rückwärts

ging.

Ich habe nur ganz ruhig gestanden und auf seine Sachen gestarrt.

Er sagte etwas. Ich verstand es kaum.

Es war verzerrt.

Ob ich ihn je wieder sehen kann?

Er hat es nicht mit Absicht gemacht. So schrieb er auf einen Zettel. Seine Schrift

konnte ich lesen.

So schrieben wir uns jeden Tag.

Manchmal meine ich, die Stelle, wo sein Kopf ist, ist ein wenig wie ein Gesicht,

nicht mehr ganz so leer.

Aber ich bin mir nicht sicher.

 

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(Textauszug aus "Seen flüstern")